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Am Königsweg

Hannoversche Allgemeine Zeitung
"Am Königsweg" von Jelinek: Studenten zeigen Trump-Kritik im Studiotheater

Absolventen wollen glänzen. Bevor sie später im Jahr die Sicherheit der Hochschule verlassen, zeigen Hannovers Schauspielstudierende, was sie gelernt haben: Im Studiotheater auf der Expo-Plaza spielen sie jetzt als Diplomprojekt Elfriede Jelineks Stück „Am Königsweg".
Diese Auswahl macht es den Studierenden nicht leicht. Jelinek begann mit der Arbeit an „Am Königsweg" am Abend der Wahl Donald Trumps. Das Ergebnis ist eine haltungsstarke Assoziationscollage mit fast unübersehbar vielen Bezügen.
Die hannoversche Adaption für das Theater allerdings ist weniger sprunghaft. Aus den vielen Bezügen wurde der zu König Ödipus als zentraler Referenzpunkt ausgewählt. Von dort aus werden Themen rund um Trump, das Chaos und der Medienzirkus verständlich eingebaut.

Eine Brücke zu Trump
Es ist beeindruckend, wie souverän die junge Besetzung unter der Regie ihrer Professoren Nora Somaini und Titus Georgi die Trump- und die Ödipus-Ebene zusammenbringt. Auch Passagen mit viel Action auf der Bühne meistern die Schauspieler selbstbewusst. Allerdings gibt ihnen all das kaum Raum zum Atmen und wenig Platz, sich einmal individuell zu profilieren. Zu oft müssen sie beispielsweise die Rollen wechseln: Seher, Kameramann, Hirte.
Eine Ausnahme bildet hier Justin Hibbeler (Jahrgang 1992) als König, der durchaus Raum für seine individuelle Bühnenpräsenz bekommt. Zusammen mit seiner Frau/Mutter Iokaste, überzeugend dekadent gespielt von Johannes Rebers, bleibt er das Stück über bei einer Rolle. Hibbeler hat die Aufgabe, die politische Pointe zu tragen, also die Brücke zwischen Ödipus und Trump zu schlagen. Dem wird er mit einem großen Repertoire an Männlichkeitsgebaren gerecht. Mal befiehlt er in royalem Gestus, mal springt er in infantiler Wut auf und ab.

Lichtblick Steuerfreiheit
Man kauft ihm diese Haltungswechsel zum einen ab, weil er damit in seiner Rolle psychologisch treffend auf das Bühnengeschehen reagiert. Zum anderen trifft er aber genau das emotional verkümmerte Pendeln zwischen Beleidigt-Sein und Stärke-Zeigen, das man von Trump und Konsorten täglich medial serviert bekommt. Hibbeler mimt weniger den US-Präsidenten persönlich als vielmehr einen machistischen Männertypus. Auf der Bühne blendet sich der König schließlich selbst, als er Vatermord und Mutterehe erkennt. Kaum wird ihm aber Steuerfreiheit versprochen, erlangt er sein Augenlicht zurück und feiert zu Honky-Tonk-Techno-Musik seine Wiederwahl. Die Jungschauspieler und -Schauspielerinnen schaffen es, das, was „Am Königsweg" zu sagen hat, zu transportieren, ohne dabei das Schauspiel zu ersticken. Die Mischung aus Handlung, Klamauk und Chaos ergänzt sich wunderbar mit dem Sendungsbewusstsein. Die etwa 100-minütige Aufführung zieht einen in den Bann. Es ist kein Wunder, dass das Publikum am Ende begeistert und ausdauernd applaudiert.

Von Phillip Kampert

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